Barbaco`s Panamakanaltransit

Nachdem wir in der „Linton Bay Marina“ noch mit anderen Seglern besinnlich 😉 gegrillt hatten, verlegten wir die Barbaco in einem kurzen windigen Törn in die „Shelter Bay Marina“.
Diese Marina befindet sich zwar in der Nähe von Colon, liegt aber sehr abgelegen von allem in einem Militärgelände. Nach Colon zum Einkaufen fährt einmal täglich um 8 Uhr ein kostenloser Marinabus, der um 13 Uhr wieder zurückfährt, es gibt hier ein Hotel, ein Restaurant, warme Duschen, Waschmaschinen, einen kleinen teuren Supermarkt und einen Swimmingpool.
Leider steht man hier in der sehr schönen grünen Waldumgebung schnell vor Militärzäunen, einzig lohnend ist der Spaziergang zu dem nahe gelegenen unberührten Strand, auf dem Weg dorthin man häufig Papageien, Affen und kleinen Waschbären begegnen kann.

Abends werden oft von den Seglern selbst Barbecue, Livemusic und Spiele organisiert und so erlebten wir nach einem Dinner im Restaurant den Jahreswechsel an Silvester mit fetziger Livemusic, zu der stundenlang begeistert getanzt und mit gegrölt wurde.

Von der Marina aus organisierten wir unseren Kanaltransit.
Zu Beginn etwas zur Geschichte des bedeutenden Kanals:

Mit der Entdeckung des Pazifiks durch den Spanier Vasco Nunez de Balboa im Jahre 1513 entstand der Wunsch zwischen den atlantischen und pazifischen Ozeanen eine Wasserverbindung durch den Isthmus herzustellen. Die Franzosen versuchten 1880 als erste Nation einen Wasserweg durch Panama anzulegen, doch ihre Betreibergesellschaft war von Skandalen umwittert und scheiterte. Nach der Unabhängigkeit Panamas im Jahre 1903 führten die USA den Kanalbau weiter, beendeten ihn 1914 und verwalteten ihn bis Ende 1999. Ab diesem Zeitpunkt liegt der Betrieb, die Verwaltung und die Instandhaltung des Kanals jetzt in der Verantwortung Panamas. Der Kanal arbeitet 365 Tage im Jahr 24 Stunden und durch die Abkürzung des Seewegs stellt er eine enorme Zeit- und Kostenersparnis beim Transport von Gütern aller Art dar.
Die Kanalfahrrinne ist ca. 81km lang, 153m breit und 14m tief.
Die Bauzeit betrug 10 Jahre ( 1904 – 1914 )
Eingesetzte Arbeitskräfte ca. 75000
Tote durch Arbeitsunfälle und vor allem durch Malaria und Gelbfieber ca. 25000

Eine Erweiterung des Kanals um einen dritten Schleusensatz, je einem Komplex mit drei Kammern am Pazifik und einem am Atlantik, wurde 2007 begonnen und 2016 festlich eingeweiht. Somit kann jetzt auch die „Panamax- New“ Klasse der Containerschiffe die Einsparung im Transportweg nutzen. Von der Ostküste der USA bis nach Tokio sind es nun 4800 km, von Ecuador bis Europa ca. 8000 km weniger als die Route um das Kap Hoorn.
Die neuen Schleusenkammern haben eine Länge von 427m und sind 55m breit.
Heute werden ca. 75000 Arbeitskräfte eingesetzt, um den ganzen Kanalbetrieb für die Schleusung der über 14000 Schiffe pro Jahr zu bewältigen.

Vor unserem zweitägigen Kanaltransit über die alten Schleusenkammern musste mit der Kanalbehörde so einiges organisiert werden und leider gestaltete sich das Ganze wegen der Weihnachtsfeiertage und dem Jahreswechsel etwas komplizierter als wir das erwartet hatten.
Zuerst musste der Skipper vier Leinenhändler besorgen. Wir hatten Glück, dass wir neben Sybille und Dieter von der „Lycka“, denen wir anschließend bei ihrer Passage mit den Leinen helfen werden, noch kurzfristig den Düsseldorfer Berthold von der „Sempre due“ gefunden hatten. Anderenfalls hätten wir für einen bestellten Leinenhändler 150,- $ bezahlen müssen.

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Als nächstes folgte die Anmeldung per Mail mit Schiffsdokumenten und Pässen, nach einigen Stunden die telefonische Nachfrage, ob alles angekommen war. Am nächsten Tag konnten wir telefonisch einen Vermesser bestellen, der mit einem Zentimetermaß haargenau die Schiffslänge ausmisst und danach die Transitgebühr berechnet. Obwohl ein Preissprung erst ab 50 Fuß stattfindet wird jedes kleine Schiff vermessen. Unser Mann kam am vereinbarten Termin leider nicht, sondern einen Tag später, es war dann Silvester! Etliche Dokumente wurden gemeinsam ausgefüllt, unterschrieben, der Toilettenraum wurde kontrolliert, das Signalhorn musste gezeigt und vorgeführt werden und man wurde streng auf die Verköstigungspflicht des Advisors hingewiesen. Zuletzt wurde der Barbaco eine lebenslange Identifikationsnummer für alle weiteren Panamakanalpassagen erteilt.

Es kommt nämlich an jedem Transittag noch zusätzlich zu den eigenen fünf Personen ein Advisor an Bord, der mit Essen und Getränken versorgt werden muss!
Als Nächstes mussten wir von „Mr. Tito“ vier lange kräftige Leinen für 60 $ mieten, plus 10 $ für den Transport, und acht mit Plastik umhüllte Autoreifen, das Stück für 3 $, anfordern. Wir wurden schon vorgewarnt, dass wir an der Pazifikseite darauf achten sollten, zuerst die Reifen abholen zu lassen und dann erst die Leinen zurückzugeben, sonst würde man auf den sperrigen Reifen sitzen bleiben.

Wegen der Feiertage war es dann etwas schwierig, das nötige Geld abzuheben und rechtzeitig bei der Citibank bar in Colon einzuzahlen. So fuhren wir dann mit 1875 $ in
20 – Dollarscheinen zur Citibank in Colon. Überweisungen werden allgemein nicht akzeptiert!

Übrigens bezahlte das panamaische Containerschiff MSC Fabienne bisher die höchsten Kanalgebühren , nämlich 317 000 $ für die Passage, während Richard Halliburton nur 36 Cent bezahlt hat, es war 1928 und er durchquerte den Kanal schwimmend.
Es hat alles soweit gut geklappt, auch ohne einen teuren Agent für etliche Hundert Dollar gebucht zu haben.
Am letzten Tag fuhren wir nochmal mit dem Marinabus zum Supermarkt in Colon, um die Verproviantierung der sechs Personen zu sichern.

24 Stunden vorher wollten wir uns unseren Wunschtermin, den 4. Januar bestätigen lassen, doch aus Personalmangel gab es von der Kanalbehörde eine Terminänderung, von der wir nicht vorher unterrichtet wurden. Also, was soll man tun, dann geht’s eben erst am 7. Januar los, zum Glück bleiben uns die Leinenhändler treu! 🙂

Am Samstag war es dann tatsächlich soweit und wir fuhren rechtzeitig zu dem Ankerplatz „Flats“ vor Colon, unserem Treffpunkt mit dem ersten Advisor. „Astro“ wurde pünktlich um 1500 Uhr auf der Barbaco abgesetzt, er war ein gemütlicher, freundlicher und lustiger Mann, der uns mit anschaulichen Unterweisungen für die drei hintereinander geschalteten Kammern der Gatunschleusen fit machte. Die Aufregung war trotzdem groß!

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Für unsere kleinen Segelschiffe gibt es verschiedene mögliche Vorgehensweisen der Schleusung:

Im Päckchen, an einem Schlepper festgemacht, alleine an vier Seilen in der Mitte der Scheusenkammer oder alleine an der Schleusenmauer. Diese letzte Variante konnten wir zum Glück bei der Anmeldung ausschließen – sechs mal 10 Meter an der rauen Schleusenwand rauf und runter zu wandern wollten wir trotz unserer schützenden Autoreifen lieber nicht. Welche Variante dann tatsächlich gewählt wird entscheidet der jeweilige Schleusenmeister.

Wir schleusten im „Dreier – Päckchen“ oder „nested“, zusammengebunden mit einem schwedisch-brasilianischen und einem norwegischen Schiff ähnlicher Größe wie die Barbaco.

Um den etwa 30 m Höhenunterschied zum künstlich angelegten Gatunstausee zu überwinden gibt es drei Scheusenkammern.

Die Vorgehensweise ist immer gleich: vor uns fuhr ein Containerschiff in die Schleuse, wir fuhren langsam hinterher, die Tore wurden geschlossen und das Wasser strömte ein. Auf beiden Seiten der Kammer warfen je zwei Festmacher gezielt die sogenannten Affenfäuste – dünne Leinen mit einem Gewicht zum Werfen – von der Schleusenmauer aufs Vordeck, die Leinenhändler mussten dann schnell unsere kräftigen Seile anknoten, die Männer zogen die Seile hoch und legten sie auf Poller. Nach und nach mussten die Leinenhändler je nach dem Steigen des Wassers ihre Leinen dicht nehmen. Oben angekommen öffneten sich wieder die Tore und wir durften im Päckchen in die nächste Kammer fahren.

Der Advisor war mit unserer Leistung zufrieden, lobte uns und wurde gegen 1800 Uhr von einem Taxiboot abgeholt.

Gemeinsam mit den anderen Segelschiffen verbrachten wir die Nacht an einer Boje im Gatunsee. Baden wird dort wegen der Krokodile nicht empfohlen – unseren Nachbarn war das allerdings egal!

Nach einem leckeren vorbereiteten Abendessen und einem Feierabendbier gingen wir recht früh ins Bett – morgen um 0700 Uhr sollte der nächste Advisor an Bord kommen.

Rafael kam etwas später und fragte nach dem ersten Kaffee und der ersten Einweisung direkt nach dem Frühstück. So ging es weiter: Kuchen, Cola, Wasser und Mittagessen bekam er serviert.

Während unserer fünfstündigen Fahrt durch den Gatunsee zur „Pedro Miguel“ Schleuse wurden wir zweimal vom Advisor über Änderungen der Schleusungsart unterrichtet. Letztlich schleusten diesmal vier Segelboote, jeweils zwei im Päckchen hintereinander, ohne ein weiteres großes Schiff.

Es ging zuerst in der Pedro- und dann in den zwei Mirafloresschleusen wieder die 30m hinab bis die Barbaco nach dem letzten Schleusentor erstmalig den Pazifik vor ihrem Bug hatte.

Alles ging, trotz angeblich bis zu fünf Knoten Strömung, mal wieder gut!

Seit gestern Abend liegt die Barbaco nun an einer Boje des „Balboa Yachtclub“. Ihre Crew kann die Sonne, den Sonnenuntergang, das angenehme Klima und den Blick auf die ganz nah vorbei fahrenden Ozeanriesen und auf die „Puente de las Americas“ genießen.

Wir wollen in Panama City ein paar Besorgungen machen. Unter anderem wird das Petroleum für unseren Herd langsam knapp und in ein paar Tagen fahren wir auf der Lycka als Leinenhändler mit. Das wird bestimmt nochmal viel entspannter ablaufen, weil wir nun wissen, wie perfekt alles von dem Kanalpersonal durchgeführt wird. 🙂

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4 Antworten zu Barbaco`s Panamakanaltransit

  1. norbert200 schreibt:

    Ein echtes Abenteuer. Ich wäre so gerne mitgefahren. Tolle Bilder. Viel Glück für den nächsten Schlag ich bin echt neidisch. 🙂 Gruss an alle und handbreit.

  2. Ruth Ulrich schreibt:

    Tolle Schilderung des Panama-Kanal-Abenteuers, das Geschichtliche nicht zu vergessen. Erika, wir haben das ja bei Frau Lauter ? in der Schule gehabt, hat mich null interessiert und nix ist hängengeblieben. Ganz anders jetzt: 25000 Tote (von 75000 Arbeitern) während des Kanalbaus ist apokalyptisch, und zehn Jahre Bauzeit ist nicht so lang. Stuttgart 21 braucht wohl dreimal so lang, vermutlich keine Toten.
    In diesem Sinn weiter viel Abenteuerlust und alles Gute
    Ruth und Jochen

  3. Ruth Ulrich schreibt:

    Kleiner Nachtrag zur Geschichte des Kanals: Ende November 2016 versuchte der Zerstörer USS Zumwalt als teuerster Kanaldurchquerer ( 4,4 Milliarden Dollar) die Passage. Allerdings blieb er im Kanal mit Schäden liegen!
    Gruß
    Jochen

  4. Barbara, the desk-sailor schreibt:

    Hi, Ihr Bezwinger des achten Weltwunders,
    so einfach war es noch nie, mit einem einzigen Blick auf den Globus Euren momentanen Standort zu orten.
    Und der hat es ja wirklich in sich: In Richtung Süden oder Norden locken jede Menge interessante Küstenlandschaften, in Richtung Westen mehr Meer als bisher und im Osten the way back home. Nicht immer hat man im Leben sooo viele Entscheidungsmöglichkeiten.
    Wir haben uns zum Beispiel nach Eurem Bericht entschieden, im nächsten Leben Advisors mit Vollpension auf dem Panama-Kanal zu werden.
    Bis dahin freuen wir uns aber erst mal auf Eure ersten Pazifik-Stories.
    So stay safe, as we are looking forward to reading you again,
    B&B

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