Leinenhändler auf der Lycka

Eine Woche nach unserem Kanaltransit war es nun endlich für die „Lycka“ von Dieter und Sybille soweit und wir konnten uns bei ihnen als Leinenhändler revanchieren.

Sicherheitshalber reisten wir schon einen Tag vorher mit dem Bus an die atlantische Seite, wo uns ein kräftiger böiger Wind entgegen blies, der auch am nächsten Tag nicht nachgelassen hatte. Da mussten sich die Skipper etwas einfallen lassen, um gegen Wind und Welle rückwärts aus der Box fahren und dann gleich in die enge Marinaausfahrt abbiegen zu können.

Die Skipper hatten eine Idee:

Vom nächsten Steg aus warf Klaus einen Fender, der an eine Angelschnur gebunden wurde, ins Wasser. Nach einiger Zeit wurde er zur Lycka getrieben, mit einem Haken rausgeholt, ein Seil drangeknüpft und von Klaus wieder an den gegenüberliegenden Steg gezogen. So konnte die Lycka im Rückwärtsgang an der Leine geführt werden, anschließend wurde eine weitere Leinenverbindung vom Steg zum Bug hergestellt und sie konnte um die enge Ecke herumfahren. Alles ging gut und unter dem Applaus der Zuschauer auf den Nachbarbooten motorten wir aus der Marina.

Auf den Warteflats trafen mit uns noch ein französisches und ein holländisches Boot ein, jedes mit den geforderten vier Leinenhändlern. Die Pilotboote kamen, setzten ihre Advisoren ab und dann ging es sofort mit Anker- auf- Manöver los.

Das kleine holländische Boot mit einer sehr jungen Besatzung hatte anscheinend Motorprobleme und blieb liegen. Da der Kanaltransit genau nach einem strengen Zeitplan getaktet ist konnte man leider keine Rücksicht nehmen. Schlimm ist natürlich, dass die bezahlte Gebühr weg ist, aber noch schlimmer und weitaus teurer wäre es geworden, wenn die Motorprobleme erst im Kanal aufgetreten wären. Wir hatten alle Mitleid mit den Holländern, nach diesen ganzen Vorbereitungen so ein Pech zu haben.

Für die Lycka ging es dann im Zweierpäckchen durch die Schleusen und da wir das so ähnlich schon einmal mitgemacht hatten lief alles entspannt und wie am Schnürchen ab.

Auch mit den Advisoren hatten wir wieder Glück. Es gab leckere Speisen, reichlich Kaffee und Kuchen und kalte Getränke. Da man auf dem Kanaltransit nicht segeln darf, konnten wir alle vor Sonne und Regen geschützt unterm Bimini die Passage genießen.
Die anderen zwei Leinenhelfer waren die Berliner Freunde Eddi und Horst.

Unterwegs kamen wir auch wieder an dem großen Kran „Titan“ vorbei, der von den Deutschen im zweiten Weltkrieg für die Wartung ihrer Flotte im Einsatz war. Er wurde von den Amerikanern mitgenommen, aber später an Panama zurückgegeben und tut heutzutage immer noch seinen Dienst!

Besonders beeindruckend und spannend war das Schleusen vor dem riesigen Autotransporter, der unserem kleinen Boot und dem Schiff mit den Tagestouristen bedrohlich im Nacken saß.

Zurück auf unserer Barbaco mussten wir dann gleich an die Arbeit. Während unserer Abwesenheit hatten uns kleine Möwen das ganze Deck zugeschissen. Die nächsten Tage haben wir dann mit wehenden Tüchern und Plastiktüten die Vögel erfolgreich fernhalten können.

Ganz nah an unserer Boje vor der „Puente de las Americas“ fuhren Tag und Nacht die Kreuzfahrt – und voll beladene Containerschiffe, Gastransporter, Frachtboote und Pilotboote für die Lotsung in den Panamakanal hinein und hinaus.
Eines Morgens waren wir etwas überrascht, als 10 m von uns entfernt bei Ebbe ein größeres Gebiet trocken gefallen war. Wir hatten nur noch 40 cm Wasser unterm Kiel und einige andere Boote waren an ihrer Boje sogar aufgesessen!
Als Verursacher des Tidenhubs von ca. vier Metern haben wir den Vollmond verantwortlich gemacht! 🙂

img_9541

Nach dem Abmelden beim Hafenkapitän und bei der Immigration besuchten wir noch das landeskundliche Museum, das wir von unserem Bojenplatz direkt im Blickfeld hatten. Der besonders auffällig bunt gestaltete Museumsbau wurde von dem weltberühmten Stararchitekten Frank Gehry entworfen, der u.a. das Museum in Bilbao, die Fondation Louis Vuitton in Paris und das „tanzende Haus“ in Prag entworfen hat.

Nach einer achtstündigen Fahrt haben wir jetzt an einer Boje vor der Isla Contadora, die zu dem Las Perlas Archipel gehört, fest gemacht. Feine weiße Sandstrände, Kokospalmen, kristallklares türkisfarbenes Wasser von 28 Grad und ein Korallenriff zum Schnorcheln locken am Wochenende zahlreiche Panamaer aus der Stadt an. Wir sind unter der Woche hier und genießen zusammen mit der Lycka und einem amerikanischen Pärchen, das schon 15 Jahre mit ihrem Boot unterwegs ist, vor allem die Ruhe und das Meer.

Wegen ihres Perlenreichtums in den umliegenden Gewässern erweckte diese Inselgruppe, die 1513 von dem Spanier Vasco Balboa entdeckt worden war, das Interesse der Spanier. Sie ließen indianische und schwarze Sklaven die anstrengende Taucharbeit verrichten und dezimierten so die Perlenbänke radikal. Da die Ausbeute der Perlentaucher damals penibel gezählt und registriert worden war, erhielt die Insel den Namen „Contadora“, was „Buchhalterinsel“ bedeutet.

International machte die kleine Insel Contadora auf sich aufmerksam, als der Schah von Persien Ende 1970 zeitweise hier mit seiner Gattin im Exil lebte.

Bedeutender ist jedoch der Begriff „Contadora Gruppe“, denn hier kamen 1983 die Regierungschefs von Mexiko, Venezuela, Kolumbien und Panama zum ersten mal zusammen, um eine Konferenz zur Wiederherstellung des Friedens abzuhalten und diese Treffen finden immer noch regelmäßig statt.

Dieser Beitrag wurde unter Reiseberichte veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Leinenhändler auf der Lycka

  1. norbert200 schreibt:

    Ich werde immer neidischer, wenn ich das lese. Hoffentlich klappt es mit der Passage über den Pazifik. Ich würde gerne mitfahren, aber die Umstände erlauben es einfach nicht. Bis dahin noch ein paar tolle Tage im Paradies. Lasst euch nicht ausrauben. Solltet ihr noch ein wenig Zeit haben, fahrt ins Hinterland. Die Nebelwälder sind eine Granate. Liebe Grüße
    Norbert

  2. Barbara, the desk-sailor schreibt:

    Hallo, Ihr da im Paradies,
    Euren Reisebericht genießt man am besten vor einem herrlich duftenden und knusprig gebackenen Karpfen vom Nützel und prostet dazwischen immer wieder mit einer kellerkühlen Halben „Kitzmann Wintergold“ Richtung SW.
    Damit ist man bereits voll ausgelastet, denn heiß schmeckt der Karpfen ja am besten.
    In diesem Sinne „ENJOY“ and glad to read you again,
    B&B

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s