Mit der Autofähre Bluebridge kamen wir nach drei Stunden in Picton auf der Südinsel an und bezogen in Nelson Quartier.
Im berühmten „Muscheldorf“ unbekannten Namens bestellten wir uns natürlich ein Grünlippmuschelgericht. Diese Miesmuschelart ist in Neuseeland endemisch und wird in großen Aquakulturen gezüchtet und einmal jährlich geerntet. Ein großer Teil der Ernte wird zu Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet.
In Nelson ließen sich schon um 1850 deutsche Siedler nieder und neben den ursprünglichen Dorfkirchen ist der Tabak – , Obst – , Oliven – ,Wein -, und Hopfenanbau auf den Einfluss der deutschen Einwanderer zurückzuführen.
Nelson wirbt mit dem Slogan „Sunshine Capital of New Zealand“, davon war leider am nächsten Tag nichts zu spüren. Alles war grau in grau und es regnete fast den ganzen Tag.
Wir machten uns trotzdem auf den Weg, um die „Golden Bay“ etwas kennenzulernen und fuhren in den „Abel Tasman Nationalpark“. Dort wimmelt es normalerweise nur so von Touris, die auf den Trails ihre Tagesetappen abwandern oder mit Kajaks auf den verzweigten Wasserwegen entlang paddeln. Wir spazierten nur kurz zum „Split Apple Rock“, einem beeindruckenden Überbleibsel aus der Eiszeit.
Der „Kahurangi NP“ befindet sich ebenfalls ganz in der Nähe von Nelson. Dort suchten wir die „Te Waikoropupu Springs“ bei Takaka auf. Ein sogenannter Quelltopf in einem See stößt beständig große Mengen superklares Wasser aus. Die Klarheit wird nur von den vom Gletschereis bedeckten Seen in der Antarktis übertroffen.
Anschließend machten wir noch einen Abstecher zur „Anatoki Salmon Station“, wo wir uns selber einen Lachs angeln wollten, der dann vor Ort filetiert, als Sashimi klein geschnitten, geräuchert oder auf Eis gelegt als Takeaway verpackt wird. Die Lachse waren anscheinend nicht so bissfreudig, vllt. war es ihnen zu warm? So bestellten wir uns eine gemischte Lachsplatte, dazu einen kalten Sauvignon blanc aus der Gegend. Sehr lecker!!
Durch dichten Regenwald, vorbei an wilden Flussläufen, herrlichen unberührten Tälern, über grüne Berge und weite Almen – mal wieder ein scenic drive -, erreichten wir eine Schwingbrücke, die über die imposante Schlucht des Bullrivers führt.
In Westport angekommen, einer trostlosen Industrie -, und Hafenstadt, machten wir uns gleich auf den Weg Richtung Norden zu der alten Kohlemine von 1880, „Denniston Experience“. Am Berg hochoben durchstreiften wir das längst verlassene Gelände. Auf zahlreichen Infotafeln konnten wir uns dann ein Bild davon machen, wie es früher hier ausgesehen hat und wieviel Wohlstand der Kohleabbau dieser Region gebracht hat. Man konnte eine Tour in den Berg buchen, aber wir wollten noch weiter und haben nur den phantastischen Blick über die Westküste und die tasmanische See genossen.
Weiter nördlich, vorbei an kilometerlangen einsamen Sandstränden und über Serpentinen durch die Bergwelt erreichten wir das Örtchen Karamea und über eine Schotterpiste das „Oparara Basin“.
Dort hat sich der durch Gerbstoffe rotbraun gefärbte Oparara durch Sandsteintunnel mit beeindruckenden Steinbögen ein Flussbett in der unberührten Natur geschaffen.
Der Highway 6, auch „Great Coast Road“ genannt, zählt angeblich zu den 10 schönsten Küstenstraßen der Welt. Ein Hinweisschild an der Straße machte uns auf eine Goldmine aufmerksam.Der Betreiber der verlassenen Mine musste erst mit einer großen Heckenschere den zugewachsenen Eingang zur Mine frei schneiden. Anscheinend waren schon länger keine Besucher mehr vorbeigekommen. Völlig zu Unrecht, wir waren begeistert von diesem zugewucherten Stück Geschichte.
Allseits bekannt waren hingegen die „Pancake Rocks“ (Pfannkuchenfelsen) mit den Blowholes, ein touristischer Hotspot. Die erodierte Küste mit den skurril aufeinandergeschichteten Steintürmen war schon sehr beeindruckend, vorallem weil bei unserem Besuch die hightide einsetzte und die Brandung aus den Gesteinslöchern sprühte.
Die Südlichen Alpen bestehen aus majestätischen Bergen und Gletschern, mit 19 Gipfeln über 3000 Meter Höhe.
Der Franz-Josef-Gletscher sollte dann das letzte Highlight unserer Tagesetappe werden. Nirgendwo sonst reichen Gletscherzungen bis knapp an den Regenwald heran. Man kann an einem Tag im Meer baden, auf dem Gletscher im Eis rumkraxeln und anschließend im Busch wandern. Der Gipfel des Gletschers liegt auf 2700 Meter, die Gletscherzunge auf 240 Meter, was ihn zum steilsten Gletscher der Welt macht. Das Schmelzwasser speist zahlreiche Seen und Flussläufe mit Wasserfällen, die malerisch von den Felsen herabstürzen.
Man wandert direkt vom Parkplatz in etwa einer Stunde zuerst durch ein Waldgebiet und dann über eine Geröllwüste, den blau schimmernden Gletscher oft im Blick und immer den Menschenmassen hinterher. Der direkte Zugang zur Zunge ist nicht möglich, überhaupt ist es fraglich, wie lange dieser Gletscher noch Bestand hat.
Über das total abgeschottete Dorf Haast fuhren wir über den Haastpass Richtung Wanaka. Dabei kamen wir an den „Thundercreek Falls, den Fantail Falls und den eiskalten „Blue Pools“ vorbei, die vom Schmelzwasser ihre irre blaugrüne Farbe erhalten.
Weil in der Touristenhochburg Wanaka kein Zimmer mehr frei war, buchten wir am Hawea Lake zwei Betten in einem Vierer- Zimmer. Bei unserer frühen Ankunft bekamen wir jedoch ein Upgrade ins „Ritz“. Es handelte sich dabei um einen kleinen Wohnwagen auf dem Camper- und Zeltplatz hinter dem Hotel. Dazu gab es einen goldenen Schlüssel und wir hatten eine tolle Aussicht auf den See und die Berge. Um uns herum hatten Backpacker aller Nationalitäten ihre Zelte aufgeschlagen oder nächtigten in ihren mehr oder weniger komfortablen, vollgestopften PKWs. Für wenige Dollars dürfen sie Küche, Kühlschränke, Duschen, WCs und Waschmachinen mitbenutzen. Nach einer Nacht ziehen die meisten schon wieder weiter.
Die Gegend um Wanaka ist die heißeste, trockenste und kälteste Region. Wir konnten uns nicht beschweren, bei 30 Grad und Sonne kühlten wir uns gerne in dem klaren kalten Wanakalake ab.
Für die Wanderung zum Mount Iron hinauf hätte es allerdings etwas weniger heiß sein können. Wir haben´s überstanden und wurden mit einem tollen Blick über den blauen See vor der atemberaubenden Bergkulisse belohnt.
Von Wanaka aus wählten wir die landschaftlich schönere Route durch das „Cardronatal“ über die „Crown Ranges“. Natürlich machten wir in dem alterwürdigen Cardrona Hotel Station. Es hat einen urigen Pub, einen schönen Blumengarten, eine Poststation und eine ehemalige Schule.
Auch den „Bra Fence“, der auf die Brustkrebsproblematik aufmerksam machen soll, konnten wir auf dieser Route nicht übersehen. Es wird zum Spenden für die Forschung aufgerufen, oder man sollte wenigstens einen weiteren BH an den Zaun hängen, um den an Brustkrebs Verstorbenen zu gedenken.
Auch die Cardrona Distillery befindet sich ganz in der Nähe, wo mit Hilfe des reinen Alpinwassers feinster Whisky, Gin und Vodka gebrannt wird.
Die Bergwelt wurde immer felsiger und spektakulärer und so wollten wir uns auch noch weitere 15km steil den Berg hinaufschlängeln, um das schneefreie „Cardrona Skiresort“ zu erreichen. Im Sommer stehen jedoch die Lifte nicht still, denn die „Chondola“, eine Kombination aus Sessellift und Gondel befördert die Mountainbiker und Cartfahrer auf den Gipfel in 1860 Meter Höhe.
Queenstown, die Adrenalinhauptstadt, liegt eingebettet zwischen Bergmassiven am längsten See von Neuseeland, dem Waikatipu. In der Stadt wimmelt es von jungen Leuten, wahrscheinlich weil man in dieser Gegend fast jede Extremsportart ausprobieren kann. Im Juli-August lockt der Schnee, im Sommer sind es der See, die Flüsse und die Bergwelt.
Der traumhaft schöne Tommy Thomson Scenic Drive, der 50km immer am See entlang führt, brachte uns in das abgeschiedene „Glenorchy“. Wir fuhren noch einige Kilometer weiter durch Schaf – , und Rinderherden, bis uns ein Creek endgültig zum Umkehren zwang. Quasi im Nirgendwo liegt „Paradise“, Schauplatz vieler Szenen der Tolkien-Verfilmungen. Schneebedeckte Berggipfel, grüne Alpentäler, schlängelnde Flüsse, Wasserfälle, farbintensive Seen und schroffe Felsen prägen die Landschaft. Weltweit hielten die Zuschauer dieses reale Mittelerde für kitschige Computeranimation. Wir wissen es jetzt aber sicher, dass es tatsächlich so spektakulär aussieht.
An der Ostküste kamen wir in Dunedin bei 35 Grad in unserem Hostel an–es nannte sich „Chalet“-, wo wir es uns gleich auf der Dachterrasse mit Blick auf Stadt und Hafen gemütlich machten. Dunedin, das keltische Wort für Edinburgh, wurde 1848 von schottischen Siedlern gegründet, florierte durch Goldrausch und Schafwirtschaft, jüdische und chinesische Siedler folgten später nach. In Dunedin wurde die erste Uni des Landes gegründet und hier entstand auch die erste Zeitung.
Leider schüttete es am nächsten Tag, es waren nur noch 12 Grad!, und in unserem alten Hostel mussten überall Eimer aufgestellt werden, um das von den Decken tropfende Wasser aufzufangen. So besichtigten wir auf die Schnelle nur die „Baldwin Street“, die steilste Straße der Welt, den Glockenturm auf dem schönen Campusgelände der Otago – Universität und den Bahnhof von 1906, der mit Mosaiken und Bleiglasfenstern schon beeindruckend war.
Auf der Otago-Halbinsel wollten wir unbedingt noch die bedrohten Gelbaugenpinguine ansehen, aber sie kommen leider erst in der Dunkelheit nach ihrer Jagd wieder an Land. Schade! Ein paar Seerobben konnten wir zumindest auf den Klippen ausmachen und einige Albatrosse in der Luft.
Auf der Fahrt nach Norden machten wir einen kurzen Halt bei den 50 runden Gesteinskugeln, den „Moeraki Boulders“, die verstreut am Strand herumliegen, teilweise haben sie einen Durchmesser von 3 Metern. Sie entstanden vor 60 Millionen Jahren auf dem Meeresboden, wo Sedimentablagerungen von Gezeiten und Strömungen über den Meeresgrund gerollt wurden. Später härteten sie aus und erodierten, viele von ihnen sind im Laufe der Zeit auch schon auseinander gebrochen.
Der Hunger plagte uns und so bogen wir von der N1 nach Oamaru ab. Wir waren ganz überrascht, ein gänzlich anderes Stadtbild vorzufinden. Viele öffentliche Gebäude aus dem 19. Jahrhundert wurden aus dem hellen regionalen Sandstein errichtet und stehen unter Denkmalschutz, ebenso wie das interessante Hafenviertel, in dem sich viele Galerien, Steinmetze und Kuriositätenläden niedergelassen haben.
100 km weiter hatten wir in Timaru auf einem Holidaypark eine „cabin“ reserviert und wir fanden unser Häuschen in einer sehr gepflegten Anlage vor. Alles super sauber, Küche, Duschen, WC, Grill und Kinderspielplatz, und alles sehr großzügig.
Das Wetter wurde Gott sei Dank wieder besser, und deshalb entschlossen wir uns, noch einmal in die Bergwelt zum „Aoraki“-Mount Cook – NP zu fahren.
Die „Church of the Good Shephard“ , am Lake Tekapo gelegen, ist die meist fotografierte Kirche. Warum, wissen wir auch nicht?? Aber wir waren bei einer Gruppe junger Frauen auch ein begehrtes Fotomotiv. Es hatte irgendetwas mit einem Junggesellinnenabschied zu tun?
Weiter ging es Richtung Bergwelt. Und als hätten wir es bestellt, verzogen sich die Wolken nach unten und gaben hinter dem Lake Pukaki den Blick auf den imposanten Gipfel des Aoraki Mt.Cook frei, den mit 3754 Meter höchsten Berg von Neuseeland. Eine Traumkulisse bei dem Wetter!
Unsere letzte Station vor unserem Abflug war Christchurch, die mit 350 000 Einwohnern zweitgrößte Stadt. Ursprünglich galt Christchurch als die britischste Stadt in Neuseeland mit ihren historischen Gebäuden, der Cathedrale als Wahrzeichen, den Parks und dem Fluss Avon, der sich unter diversen Brücken durch die City schängelt, aber heute sieht alles anders aus.
Im September 2010 ereignete sich ein erstes Erdbeben, am 22. Februar 2011 dann ein zweites stärkeres mit verheerenden Folgen für die gesamte Innenstadt. Viele alte Gebäude stürzten ein, die Cathedrale wurde schwer beschädigt und darf nicht mehr betreten werden, und 185 Menschen starben. Zu ihrem Gedenken wurden 185 weiße Stühle hinter der Übergangskirche aufgestellt. Bevor eine neue Cathedrale fertig gestellt ist, konstruierte ein japanischer Stararchitekt die international als „Cardboard Cathedral“- Pappkathedrale bekannt gewordene Kirche.
Erst 857 Tage nach dem Beben wurde 2014 die Sperrung der Innenstadt aufgehoben und ganz allmählich kehrte in der City wieder das Leben zurück. Aber es bleibt noch viel zu tun, der Gesamteindruck ist trostlos und deprimierend.
Abgerissene, z.T. eingestürzte Häuser, unbebaute Flächen mitten in der City, Bauzäune, Umleitungen, gesperrte Straßen wegen Baumaßnahmen , Kräne und Bagger bestimmenn das Stadtbild. Da können auch die vielen tollen und bunten Graffitis an stehengebliebenen Fassaden oder an Bauzäunen nicht das Elend kaschieren.
Mit dem Rad oder mit der historischen Tram kann man die interessanten Punkte der zerstörten Stadt und den langsamen Wiederaufbau betrachten. Ein kleiner Lichtblick ist die „New Regent Street“, die von 1930 stammt und mit ihren pastellfarbenen Anstrichen schon wieder Besucher anzieht.
Einen letzten Abstecher machten wir auf die Bankshalbinsel nach „Akaroa“. Dort ließen sich einst französische Siedler nieder und der ganze niedliche Ort mit den hübschen Häusern, blühenden Gärten, Boutiquen und Bistros strahlt französischen Charme aus.
Bei unserem Aufenthalt ankerten leider zwei Kreuzfahrtschiffe in der nahen Bucht und der kleine Ort wurde sogleich von Menschenmassen bevölkert.
Zurück in die Stadt fuhren wir bei herrlichem Sonnenschein auf unserem letzten Scenic Drive in Neuseeland und beendeten so unsere herrliche fünfwöchige Rundreise, auf der wir etwa 6500km zurückgelegt haben.